ORQUESTRA INVISÍVEL
Oh mein unsichtbares, tiefer gelegenes, verklärtes Orchester im Theater der Zukunft" – so schwärmerisch träumte Richard Wagner schon 1865 in München bei der Uraufführung seines "Tristans". Wäre doch nur der Graben unsichtbar, so dass zwischen Publikum und Bühne nichts wäre, was vom Bühnengeschehen ablenkt. So dachte der Komponist. Wagners Theatervision war nicht in erster Linie von akustischen, sondern von visuellen und ideellen Überlegungen geprägt. Als Gegenpol zu den prachtvollen, repräsentativen Theaterbauten seiner Zeit stellte der politische Revolutionär die Funktionalität des Hauses in den Vordergrund.
1- ENSAIO BEETHOVEN (1870)_
Wir erfahren dieß in jedem Conzertsaal während der Anhörung eines uns wahrhaft ergreifenden Tonstückes, wo das Allerzerstreuendste und an sich Häßlichste vor unsren Augen vorgeht, was uns jedenfalls, wenn wir es intensiv sähen, von der Musik gänzlich abziehen und sogar lächerlich gestimmt machen würde, nämlich, außer dem sehr trivial berührenden Anblicke der Zuhörerschaft, die mechanischen Bewegungen der Musiker, der ganz sonderbar sich bewegende Hilfsapparat einer orchestralen Produktion. Daß dieser Anblick, welcher den nicht von der Musik Ergriffenen einzig beschäftigt, den von ihr Gefesselten endlich gar nicht mehr stört, zeigt uns deutlich, daß wir ihn nicht mehr mit Bewußtsein gewahr werden, dagegen nun mit offenen Augen in den Zustand gerathen, welcher mit dem des sonnambulen Hellsehens eine wesentliche Aehnlichkeit hat. Und in Wahrheit ist es auch nur dieser Zustand, in welcher wir der Welt des Musikers unmittelbar angehörig werden.“
Experimentamos isso em cada sala de concerto ao ouvir uma música que realmente nos comove, onde a coisa mais perturbadora e realmente feia acontece diante de nossos olhos, o que, se a observássemos intensamente, nos afastaria completamente da música e até mesmo tornam-nos ridículos, a saber, além da visão trivialmente comovente do público, os movimentos mecânicos dos músicos, o aparato auxiliar estranhamente móvel de uma produção orquestral. O fato de essa visão, que só ocupa quem não é movido pela música, não mais incomodar quem é cativado por ela, mostra-nos claramente que não a percebemos mais, mas de olhos abertos agora entramos no estado em que tem uma semelhança essencial com a da clarividência solar. E, na verdade, é apenas nesse estado que nos tornamos parte direta do mundo do músico.”
Beethoven, Leipzig 1870, S. 15.
2-
„Er konnte nicht ohne Musik, besonders nicht ohne Gesang leben, und hatte dabey die Eigenheit, daß er die Sänger nicht sehen wollte. [...]. Eben so wollte er auch bey Instrumentalmusiken die Orchester so viel als möglich versteckt haben, weil man durch die mechanischen Bemühungen und durch die nothdürftigen, immer seltsamen Gebärden der Instrumentalspieler so sehr zerstreut und verwirrt werde. Er pflegte daher eine Musik nicht anders als mit zugeschlossenen Augen anzuhören, um sein ganzes Daseyn auf den einzigen, reinen Genuß des Ohrs zu concentriren."
GOETHE, nWilhelm Meisters Lehrjahre. Vierter Band
Frankfurt u.a. 1796, S. 330-332.
v.
Richard Wagner und das unsichtbare Orchester
Jonas Traudes
Vortrag am 25. Januar 2013
an der Hochschule für Musik und Tanz Köln
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